Mosaike: Maria Storch Zirl
Gebet
Jeder Mensch hat seine ganz persönliche Lebens-, Liebes- und Leidensgeschichte. Am Kreuzweg Jesu treffen wir auch auf die Kreuzwege der Welt, auf unseren eigenen Kreuzweg. Wir schreien mit Jesus: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“Du Herr, du trägst nicht nur dein Kreuz, du kreuzt auch meine Wege, um mir zu begegnen. Am Kreuz werde ich in diesem Leben nie vorbeikommen, aber ich werde es mit dir tragen können.
Wer den ganzen Kreuzweg sehen möchte, ein Klick genügt:
1. Station
Gekommen ist die Stunde
P. Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich,
A. denn durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt erlöst.
L1 „Die Stunde ist gekommen; jetzt wird
der Menschensohn den Sündern ausgeliefert.“ So schreiben Matthäus und Markus
(Mt 26,45 und Mk 14,41). Der Evangelist Johannes: „Die Stunde ist gekommen,
dass der Menschensohn verherrlicht wird.“ (Joh 12,23). Johannes weist also
schon über die Passion hinaus auf das Ostergeschehen.
L2 Auf dem Bild beginnt die Passion
mitten im roten Kelch, Zeichen des vergossenen Blutes für die Menschen. Und
mitten drinnen kniet Christus: gefasst, stark, bereit zur Folter. Er erhebt die
Arme und betet zum Vater. Daneben erblicken wir im Judaskuss den Verrat: Damit
hat die Stunde eigentlich begonnen.
L1 Auch unsere Leidensstunden beginnen
mit Verrat, Verleumdung, mit Verurteilung, Verspottung, Mobbing, Ausgrenzung,
ungerechter Behandlung, Abweisung, Kündigung einer Freundschaft, einer
Partnerschaft, mit einer psychischen oder körperlichen Krankheit, mit dem Tod
von lieben Menschen. Gekommen ist die Stunde!
A. Herr Jesus Christus, es gibt viele Menschen,
die in ihren Leidensstunden niemanden haben, der zu ihnen hält. Schenke ihnen
und uns die Kraft des Glaubens, damit wir uns erheben aus Angst, Schuld,
Verzweiflung und Freudlosigkeit. Lass uns im Vertrauen auf deine Hilfe einander
beistehen und unseren Lebensweg mutig auf uns nehmen.
A. erbarme dich über uns und über die ganze
Welt.
2. Station
Jesus legt vor den Hohepriestern Zeugnis ab
A. denn durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt erlöst.
L1 Im Gesamtbild taucht schon das Kreuz
auf. Auf das will ja der Hohe Rat hinaus: Kreuzige ihn! Jesus gibt nochmals
Zeugnis von seinem Vater: „Von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten
der Macht sitzen und auf den Wolken des Himmels sehen. Da zerriss der
Hohepriester sein Gewand und rief: Er hat Gott gelästert! Wozu brauchen wir
noch Zeugen!“ (Mt
26,64f).
L2 Im Blick auf die Geschichte des 20.
Jahrhunderts, seit Beginn des Ersten Weltkriegs und besonders auf die Opfer des
Kommunismus seit 1917 und des Nationalsozialismus seit den 30iger Jahren hat
der Theologe Hans Urs von Balthasar von einem „Heer von Gedemütigten einer
furchtbaren Zeit“ gesprochen: Vom „Heer der Gefolterten, Vergasten, in
geschlossenen Viehwagen winters Erfrorenen, von den Stiefeln der Partei ins
Antlitz Getretenen, geflissentlich Vergessenen.
O Haupt voll Blut und Wunden!“.
L1 Zu diesem Heer von Millionen von
Menschen zählen viele, die wegen ihres christlichen Glaubens verfolgt und
getötet worden sind. Man nennt sie Märtyrer. Dieser Name ist griechischen
Ursprungs und bedeutet Zeuge. Es gibt sie auch heute noch in vielen Ländern:
diese Märtyrer, die Blutzeugen. Zeugnis geben für Gott.
A. Herr Jesus
Christus, auch heute noch geschieht es, dass Menschen aus Verblendung und
Machtgelüsten ungerechte Urteile fällen. Du stehst auf der Seite der Leidenden.
Gib uns ein weises Herz, damit wir uns auf die Seite der ungerecht Behandelten
stellen.
A. erbarme dich über uns und über die ganze Welt.
3. Station
Jesus wird verurteilt
Jesus wird verurteilt
A. denn durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt erlöst.
L1 Pilatus
sitzt auf seinem Richtstuhl – wie versteinert – und erkennt Jesus als
unschuldig, als Lichtgestalt. Aber unter dem Druck des Volkes und des Hohen
Rates lässt er ihn geißeln. So sehen wir den Verurteilten links als den Ecce homo: Seht, welch ein Mensch!
Schaut hin auf diesen Menschen: auf ihn den Unschuldigen, was habt ihr aus ihm
gemacht?
L2 Oft begegnen wir Menschen, die sehr
unterschiedlich sind. Entsprechend verschieden sind auch unsere Urteile. Manche
Menschen werden wir negativ beurteilen. Aber kennen wir diese Menschen
überhaupt? Wissen wir etwas von ihren Schwierigkeiten? Leiden sie vielleicht an
ihrer Veranlagung? Schauen wir in ihr Inneres, in ihr Herz? Seien wir
vorsichtig mit unseren Urteilen.
A. Herr Jesus Christus, du sagt schon in der
Bergpredigt: „Richtet nicht, damit ihr
nicht gerichtet werdet! Denn nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch
gemessen werden“ (Mt 7,1.2). Hilf uns, dass wir nie verurteilen und steh jenen
bei, die ein Urteil fällen müssen.
P. Herr Jesus Christus, ungerecht verurteilt,
A. erbarme dich über uns und über die ganze
Welt.
4. Station
Preisgegeben
P. Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich,
A. denn durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt erlöst.
L1 Jesus
weiß: es ist seine Bestimmung, diesen Kreuzweg zu gehen. Dabei muss er aber
vieles verlieren, lassen, verlassen, preisgeben. Auch die Mutter Jesu muss
ihren Sohn hergeben, ihn preisgeben. Trennungsschmerz kann tiefe Wunden
hinterlassen, die lange nicht heilen. Später wird Maria ihren toten Sohn in
Händen halten und ihn dem Grab preisgeben. Aber nach Ostern darf sie ihn
wiedersehen und zu Pfingsten durch den Heiligen Geist mit ihm verbunden
bleiben.
L2 Oft
müssen wir liebe Menschen preisgeben, loslassen. Maria schenkt uns christliche
Hoffnung und sagt uns: Wir alle werden uns wiedersehen bei Gott, in der Herrlichkeit
des Himmels.
A. Herr Jesus Christus, wie Maria wollen wir
unsere Hände öffnen, damit wir Kraft von Oben empfangen, um unseren Lebensweg
treu zu gehen.
P. Herr Jesus Christus, dem Leiden preisgegeben,
A. erbarme dich über uns und über die ganze
Welt.
5. Station
Mittragen
P. Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich,
A denn durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt erlöst.
L1 Simon aus Zyrene,
einer Stadt an der libyschen Küste, wird von den Soldaten gezwungen, für eine
gewisse Wegstrecke das Kreuz jenes erschöpften Verurteilten zu tragen. „Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es
hinter Jesus hertrage“ (Lk 23,26), so schreibt Lukas. Somit stellt der Evangelist Simon
als den Jünger dar, der „sein Kreuz auf
sich nimmt und Jesus nachfolgt“, seinen Spuren folgt. Und Jesus nachfolgen heißt: Mittragen, mit
anderen Menschen mitleiden – compassion, compassio, Mitleid.
L2 Die Geste des
Simon wird zu einem Symbol für alle Akte der Solidarität gegenüber den
Leidenden, den Unterdrückten und denen, die schwere Last zu tragen haben. Er
ist derjenige, der nicht auf die andere Straßenseite geht und der Not
ausweicht, sondern andere stützt und unterstützt. Über den Schultern des Simon
ertönen die Worte des hl. Paulus: „Einer
trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Gal 6,2).
Mittragen!
A. Herr Jesus
Christus, Mittragen ist ein Liebesdienst, der uns Menschen oft schwer fällt.
Lass uns Simon ein Vorbild sein! So wie er wollen wir mit dir in Beziehung treten,
indem wir Menschen helfen, die uns brauchen.
P. Herr Jesus Christus, der du Hilfe annimmst,
A. erbarme dich über uns und über die ganze Welt.
6. Station
Leid der Welt
Leid der Welt
P. Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich,
A denn durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt erlöst.
L1 „Der Leidensweg wird von den klagenden
Frauen unterbrochen. Die drei Lebensalter stehen an der Spitze einer
gesichtslosen Menge in irdischem Grün. Viele Kreuze begleiten nun den Weg
weiter.“ – so schreibt die Künstlerin Maria Storch.
L2 Das Kreuz kreuzt
unseren Alltag immer wieder. Und wir stellen die Fragen: Warum? Warum ich? Gott
will grundsätzlich kein Leid und kein Kreuz, aber er lässt es zu. Denn er weiß:
Im Leiden werden wir Menschen reifer; wir werden sensibler, feinfühliger und
verständiger für das Leid unserer Mitmenschen. Das Leid der Welt erdrückt uns
manchmal.
Aber als Christen wissen wir, dass Gott uns beisteht im Leid der Welt.
A. Herr
Jesus Christus, das Leid berührt uns. Das eigene und so oft das Leid in der
Welt. Mit unserem Gebet verbinden wir uns mit dir und allen Leidenden. Lass uns
im Glauben Trost und Stärkung finden.
P. Herr Jesus Christus, der du Hoffnung
spendest,
A. erbarme dich über uns und über die ganze
Welt.
7. Station
Umfangen
P. Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich,
A. denn durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt erlöst.
L1 Das Kreuz wird
aufgerichtet und der Leidensweg endet im Dreieck aus erhabenem Purpur, im
Symbol des Göttlichen. Der Gekreuzigte ist umfangen vom himmlischen Vater. Der
Kreuzweg findet sein Ende, seine Vollendung, und lenkt unseren Blick zur ewigen
Vollendung. Christus hat in sich bereits das Licht der Auferstehung, das Licht
der Vollendung. Er löst sich vom Kreuz und wird vom himmlischen Blau, von
seinem und unserem Vater umfangen.
L2 Dieses Bild ist
ein Hoffnungsbild: Jeder menschliche Leidensweg hat einmal ein Ende.
Hoffentlich schon in dieser Welt, aber ganz sicher im Himmel, im Schoß des
dreifaltigen Gottes, im himmlischen Jerusalem.
A. Herr Jesus Christus, in deinem Auftrag
umfangen sich Maria und Johannes, um im Leiden einander Stütze zu sein. Auch
wir dürfen uns umfangen wissen von deiner Liebe. Dafür danken wir dir.
P. Gekreuzigter
Herr Jesus Christus,
A.
erbarme dich
über uns und über die ganze Welt
Gebet
P.
Gott des Lebens, wir danken dir für die Menschwerdung deines Sohnes. Du
begleitest uns durch unser Leben.
Das
viele Schöne, die Freuden des Lebens, die Liebe, …,
all
das schenkst du uns.
Du
schenkst uns aber auch deine Hilfe, wenn uns die Schattenseiten des Lebens
überkommen. Du begleitest uns durch Jesus, deinen Mensch gewordenen Sohn. Er
hat selbst Leid durchlitten, Schmerzen ertragen, Ablehnung und Gottesferne
erfahren. Er kennt den tiefsten Abgrund des Lebens. So viele Menschen
durchleben diesen Abgrund! Im Gebet sind wir ihnen nahe.
Alle: Wir bitten
dich, Gott des Lebens, gib, dass sie deine Hilfe spüren, und lass auch uns
Lebensbegleiter für Menschen in Not sein und stärke uns auf unserem Lebensweg.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.
Impressum:
Pfarre Völs, Werth 5, 6176 Völs
Bilder:
Wegkapellen Blasiusberg – Mosaike von Maria Storch
Fotos:
Fotostudio Stanger
Texte:
Abt Raimund Schreier OPraem
Gebete:
Pfr. Christoph Pernter OPraem